Einmal auf dem Luxusschiff um den Globus fahren und dabei ganz nebenbei Steve Jobs kennenlernen – was andere nur mittels Milliardenerbe erreichen, schaffte die Hinterstoderin Yvonne O’Shannassy über ihren Job als Chief Stewardess auf einer Privatyacht. In ihrem Herkunftsort Hinterstoder baut sie sich nun eine Basis für sich, ihren Mann und ihre beiden Kinder auf. In ihrem modernen Café „Fleischerei“ treffen der kleine 900-Seelen-Ort und die weite Welt zusammen. 

Ein Leiden von mir und meinem Mann Brendan ist, dass wir uns in jedem Urlaub kurz vor der Abreise Häuser ansehen und dann sagen: „Hey, hier wäre es lässig ein Jahr zu verbringen!“ Ich glaube, wir würden es so ziemlich überall schaffen. Für mich ist zuhause nicht dort, wo ich wohne. Es ist kein Ort, sondern das sind ich und meine Familie. Wir sind relativ offen. Für uns ist nichts definitiv.

Mein nomadisches Dasein hat angefangen, als ich von meinem Herkunftsort Hinterstoder nach Lech am Arlberg ging. Ich arbeitete dort in einem Tourismusbetrieb und wurde sehr herzlich aufgenommen. Zum ersten Mal war ich von daheim weg.

Mein nächstes Zuhause fand ich weit weg von Österreich. In Vorarlberg traf ich eine Person, die in Bermuda zwei Restaurants betreibt. Als ich dann gefragt wurde, ob ich dort für sie arbeiten wolle, konnte ich schwer Nein sagen. So wurden die Bermuda-Inseln für dreieinhalb Jahre mein Zuhause. Aber es war trotzdem immer ein betreutes, behütetes Weg-Sein.

Nur ein einziges Mal habe ich in meinem Leben ein Bewerbungsschreiben geschrieben: Für die Position als „Chief Stewardess“ auf einer Privatyacht. 14 Tage später saß ich beim Vorstellungsgespräch in Mallorca und nochmal 14 Tage später habe ich angefangen zu arbeiten. Auf einem zweiten Schiff lernte ich auch meinen Mann Brendan kennen. Das war eine aufregende Zeit: Mit dem Schiff machten wir zuerst einmal eine Weltreise. Wir fuhren vom Mittelmeer über den Atlantik und Pazifik nach Neuseeland und verbrachten dort noch eineinhalb Jahre.

Mit der Yacht auf Bermuda

Unser Chef war damals der zweitreichste Mensch der Welt, Larry Ellison, CEO der Firma Oracle. Die Yacht war 72 Meter lang und hatte 23 Crewmitglieder. Oft hatten wir nur zwei Gäste. Auch Steve Jobs besuchte uns einmal an Board. Ich werfe jetzt gerne einen Blick in die Gala. Einfach um darin zu schwelgen und zu sagen: Schau mal, das war einmal meine Welt.

Mit der Geburt von unserem ersten Kind Fabienne ist die Entscheidung gefallen, dass Brendan und ich nach Hinterstoder zurückgehen. Mit einem Kind ist es gut, wenn man eine Basis hat.

Vieles sprach für Hinterstoder: Zuerst einmal war da die große Unterstützung meiner Eltern. Die Schule hier in Hinterstoder war ein weiterer großer Punkt. Sie wurde damals einklassig geführt und war einfach ein Wahnsinn. Was unsere Kinder an Werten in die Wiege gelegt bekamen, ist unbezahlbar.

Hier konnten wir es uns auch leisten, die „Fleischerei“ aufzubauen. Über mehrere Jahre stand das Geschäftslokal der ehemaligen Fleischerei im Ortszentrum leer. Den Namen haben wir behalten, aber heute ist die Fleischerei ein Kaffeehaus, eine Weinbar, ein kleiner Shop und oben darüber liegen Ferienwohnungen. Das Café ist industriell angehaucht, modern, klein aber fein. Wir haben uns in vielem von Australien inspirieren lassen. Ich wollte dort nie den klassischen Schinken-Käse-Toast verkaufen. Der Kaffee ist gut und die Speisen ein wenig ausgefallener.

Das Café kommt gut an. Gerade im Sommer belebt die Terrasse den Ort. Oft kommen Leute, weil sie ein bekanntes Gesicht sehen und gesellen sich einfach dazu. Das schöne ist auch, dass Frauen alleine hier herkommen. Sie kommen nun auf einen Kaffee oder ein Glas Wein und freuen sich, dass sie hier gemütlich mit jemanden reden können. Sie wissen, dass entweder meine Schwester Marion oder ich immer da sind.

Der kleine Caféshop der „Fleischerei“ in Hinterstoder.

In den Ferienwohnungen haben wir Gäste von überall, Spanien, Island, auch arabische Gäste, ganz bunt gewürfelt. Das ist auch ein Grund, warum ich sehr glücklich mit der Lösung bin, touristische Ferienwohnungen anzubieten. Ich hole mir die Welt ins Dorf.

Die Gemeinde sollte offen sein für Neues. Es war nicht immer leicht zurückzukommen, auch für mich nicht. Vielleicht waren die Leute meinem Elan gegenüber skeptisch, weil sie nicht wussten, wie lange ich hier bleiben würde.

Aber natürlich sehe ich auch die tolle Arbeit, die hier bisher geleistet wurde. Wenn man junge Leute ranlässt und gleichzeitig die bisherigen Leistungen wertschätzt, dann kann etwas im Ort vorangehen. Für dieses Zusammenwirken zwischen Etablierten und Neuem kann die Gemeinde uns Rückkehrer motivieren und unser Wissen nutzen.

Um die Offenheit für Neues zu fördern, ist es sicher gut, wenn die Hinterstoderer öfter einmal rauskommen und über die Seitenränder des Tals schauen. Hinterstoder ist wunderschön und ich schätze die Gemeinschaft sehr. Aber ohne regelmäßige Reisen in neue Länder und Kulturen könnte ich auf Dauer nicht hier leben.