In seinem Herkunftsort Munderfing findet der junge Filmemacher Leonhard Moser alles, was er für seinen Beruf braucht – Unterstützung von allen Seiten, Aufträge lokaler Firmen und bald auch einen Co-Working-Space zum Ideenaustausch. Er fängt in seinen Filmen aber auch die düstere Ader des Kobernaußerwaldes und der umliegenden Seen bei Nacht ein – und wenn es in einer Szene regnen muss, rückt die Feuerwehr aus. 

 

Landflucht kann leicht passieren, wenn man sich nicht zugehörig fühlt. Als Student wird man in seinem Heimatort manchmal mit Vorurteilen konfrontiert – „Naja, die arbeiten nichts, studieren ein bisschen und schieben eine gemütliche Kugel“. Aber bei mir war das nie der Fall. Bei der Freiwilligen Feuerwehr waren alle sehr interessiert an dem, was ich mache. Umgekehrt war es mir auch wichtig, nicht nach dem Prinzip „hinter mir die Sinnflut“ zu handeln und involviert zu bleiben. Das hat auch geklappt: Bis auf ein, zwei blöde Meldungen habe ich mir nichts anhören müssen. Und wenn, dann konnte ich das ausdiskutieren.

Seit Anfang September habe ich den Schlüssel zu meiner eigenen Wohnung in Munderfing, nachdem ich sechs Jahre lang in Graz Elektrotechnik studiert und dort gelebt habe. Das Zurückkommen ist mir leicht gefallen: Ich wusste, ich kann in Munderfing wohnen, arbeiten, und ich kann von der Wohnung zur Arbeit zu Fuß gehen.

In Munderfing entsteht gerade ein Co-Working-Space, in dem ich einen Arbeitsplatz anmieten werde. So ein Co-Working-Space ist für mich als Filmemacher super zum Netzwerken. Du kommst mit Menschen aus anderen Branchen zusammen. Das klingt doch nicht nach einem verstaubten kleinen Dorf mit keinen Möglichkeiten. Für mich klingt es nach mehr.

Windpark Kobernaußerwald (c) Johannes Puch (Creative in Residence im Rahmen von „Zukunftsorte braucht das Land“)

Munderfing ist für mich ein perfekter Spagat zwischen Tradition und Innovation. Die traditionelle Seite zeigt sich im ländlichen Charakter und dem regen Vereinsleben. Innovativ finde ich die Projekte, die gerade anlaufen. Wir bekommen ein Glasfasernetz und haben einen gemeindeeigenen Windpark. Im Moment tut sich viel. Das passt gut in meine eigene Aufbruchsstimmung hinein. Ich mache mich als Filmer selbstständig.

Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob ich den Sprung in die Filmbranche wagen soll. Ich weiß nicht, wer das einmal gesagt hat, aber: Du wirst nie bereuen, was du gemacht hast, sondern immer nur, was du nicht gemacht hast. In der Elektrotechnik hätte ich viele Jobangebote. Aber jetzt bin ich doch wieder beim Film gelandet.

Begonnen hat für mich alles mit einer Parodie der Oceans Eleven Trilogie in der vierten Klasse HTL im Projektunterricht. Ich und meine Freunde haben als Hauptcharaktere eine Kaffeemaschine aus dem Religionskammerl gestohlen. Wir haben viel Zeit hineingesteckt und es ist unglaublich schlecht geworden – aber das Feedback war überraschend positiv. Mittlerweile haben wir als „Wunderkreis“ zwei Filme in Spielfilmlänge veröffentlicht: „Da Wüdara“ und „Stille Wasser“.

Unsere Inspiration schöpfen wir stark aus der Umgebung. Im Film „Da Wüdara“ geht es um einen Oberjäger. Ein Wilderer schießt ihm die ganze Zeit das Zeug weg und der Oberjäger dreht schon voll durch. Die Jägergemeinschaft stellt dem Wilderer Fallen, aber nichts funktioniert. Dann läuft alles etwas aus dem Ruder…

Für „Stille Wasser“ haben wir überlegt: „Was neben dem Wald ist noch charakteristisch für unsere Gegend?“ Und tatsächlich prägt Wasser die Umgebung stark. Und bei uns besitzen vier Leute den Tauchschein. Das war unser Ausgangspunkt. Wir haben einen Taucher – der Taucher taucht im Mattsee. Was sucht er dort?

An die 70 Leute aus Munderfing haben uns bei unserer aktuellen Filmproduktion geholfen. Am wichtigsten war die Unterstützung beim Dreh und der Zugang zu den Drehorten. Wir durften verschiedenste Räumlichkeiten lokaler Firmen nutzen und konnten uns ein Notstromaggregat ausborgen. Einmal haben wir mit Feuerwehrequipment für eine Szene Regen vorgetäuscht. Das Netzwerk hier ist gewaltig. Ich wüsste nicht, wie ich das in einer Stadt mache. Auch die Vorführungen im Ort sind für mich etwas Besonderes.

Seit Ende 2016 habe ich so viel mehr Zeit in den Film „Stille Wasser“ hineingesteckt als in alles andere. Ich habe gemerkt, dass es mir Spaß macht um sechs Uhr aufzustehen und mich an das Projekt zu setzen, auch wenn ich es schon zwei Monate lang gemacht habe. Und ohne, dass mein Bruder oder ich schon eine Firma oder etwas Ähnliches gegründet hatten, wurden wir plötzlich von Betrieben in der Region angefragt – von Kochvideos bis zu Portraits von Lehrlingen. Es läuft einfach.

Ich merke, wie unsere Projekte auch eine Anregung für andere Junge aus der Umgebung sind. Mein Freund Martin und ich haben an unserer alten HTL schon zwei Filmworkshops geleitet. Die Schüler sprachen mich neulich bei unserer Filmpremiere an und erzählten mir ihre Filmidee für den Sommer. Wir haben sie für das Filmen begeistert. Und wir sind genau den gleichen Weg gegangen, bei dem sie jetzt am Anfang stehen.