Der gebürtige Moosburger Dieter Hardt-Stremayr entwickelte sich als Reiseleiter für Amerikaner zum glühenden Europäer. Die Liebe, das Leben und die Arbeit ankerten ihn letztlich in der Steiermark. Mit uns spricht er über Fußballerstolz, Abwanderung aus Graz und die Moosburger Teiche, die eigentlich Seen sind.

Los Angeles ist gewaltig – ein Stadtraum, der halb so groß ist wie Kärnten und nur durch Freeways zusammengehalten wird. Als ich die Stadt zum ersten Mal durch das runde Flugzeugfenster sah gewann ich großen Respekt. Ich dachte: „Hier soll ich mich bewegen, als Kärntner Bauernbub?“

Ein paar erfolgreiche Jahre als Reiseleiter hatten mir Ende der 1980er die Möglichkeit eröffnet, für zwei Jahre nach Los Angeles zu ziehen. In meiner Studienzeit bin ich als kleiner Moosburger mit jeweils 50 Amerikanern durch europäische Länder gefahren und habe dabei den Kontinent ganz gut kennen und lieben gelernt. In den USA habe ich dann für zwei Jahre genau diese Reisen nach Europa beworben.

Dieter Hardt-Stremayr in den USA.

Und ich zehre bis heute davon. In sechs Monaten habe ich mehr gelernt, als mir die Universität in sechs Jahren beibringen konnte. Nicht nur sprachlich, sondern auch, was das tägliche Leben in den USA betrifft. In der Zwischenzeit bringe ich es auf 49 besuchte U.S.-Bundesstaaten. Also kann man mir über Amerika nichts einreden. Aber für einen gelernten Moosburger, Grazer, Österreicher ist das kein Platz zum Leben. Durch das Fortgehen –in die USA – habe ich gemerkt, was Lebensqualität bedeutet.

Aktuell lebe ich in Voitsberg in der Steiermark, arbeite als Geschäftsführer von Graz Tourismus und bin President of European Cities Marketing. Hier trifft sich die europäische Kollegenschaft und tauscht sich in offener Atmosphäre darüber aus, was man im Tourismusmanagement europäischer Städte besser machen könnte. Mit den unterschiedlichen Sprachen und Kulturen in Verbindung zu stehen, fasziniert mich. Und ja: Es gibt so etwas wie “das Europäische”, trotz aller Unterschiede.

Trotz all dieser Stationen war für mich erst am Ende der Schulzeit klar, dass ich eines Tages aus Moosburg weggehen würde. Die Universität Moosburg gibt es bis heute nicht, also musste ich für das Betriebswirtschaftsstudium nach Graz ziehen. Und nachdem sich während des Studierens der Punkt „Liebe“ ergeben hat, erstreckte sich die erste Jobsuche nach dem Amerikaabenteuer auf die Steiermark und den Großraum Graz. Zum Ausheimischen wurde ich also durch eine wilde Mischung aus Ausbildung, Partnerschaft, Beruf.

Was mich jedoch noch länger begleitet hat, war die Mitgliedschaft im SV Moosburg. Der Fußballverein war das längste Bindeglied zu meinem Herkunftsort. Dort habe ich meine Fußballschuhe zerrissen. Montag bis Freitag – Studium in Graz, Samstag und Sonntag – Fußballwochenende. Das war noch die gute alte Zeit, wo es mich persönlich mit Stolz erfüllt hat, für den Heimatverein aufs Feld zu laufen.

Kurt Hörbst: people_scans Moosburg___©_ALEXANDRA GRILL 2013

Aber auch später ist der Kontakt nie eingerissen. Was sich in Moosburg tut, war immer interessant für mich. Da muss ich meine Mutter loben, die Zeitungsausschnitte zu Moosburg sammelt und für mich in einer Mappe zusammenfasst. Das Web bietet heute natürlich zusätzliche Möglichkeiten, um aktiv zu verfolgen, was passiert. Die entscheidenden Dinge, die in der Heimatgemeinde geschehen, bekomme ich immer noch mit.

Aber ich bin nicht nur passiver Zuseher: Es kommt ab und an vor, dass ich eingeladen wurde, um mich in der Gemeinde einzubringen. Kürzlich war ich Teil einer Gruppe Ausheimischer und Zuzügler, die sich mit der Zukunft Moosburgs auseinandersetzten. Der Gemeinde ist Vieles gelungen. Aber man muss ein Faktum zur Kenntnis nehmen: Dass man zu einer Wohngemeinde geworden ist. Die Einwohnerzahl wächst und doch bleibt der Ortskern leer. Wie geht man mit dem Wirtshaussterben um? Was tut man, wenn Kommunikationspunkte fehlen und sich jeder nur in den eigenen vier Wänden aufhält? Mit dem Thema Ortskern-Entwicklung beschäftigt sich die halbe Welt, aber Patentlösungen sind selten.

Mein Input und auch meine Erkenntnis aus diesem Prozess war: Wir können uns auf das Wissen und die Fähigkeiten verlassen, die ohnehin schon vor Ort gegeben sind. Eine Idee von mir war etwa, Handwerk in ehemaligen Geschäftslokalen anzusiedeln, die nun leer stehen. Denn handwerklich hergestellte Waren können weder Zalando noch Amazon ersetzen und so bleibt das Geschäft belebt. Von außen ist auch klar, dass Moosburg das Potential seiner Teiche nicht ausschöpft. Was in Moosburg Teich genannt wird, wäre in der Steiermark ein See. Hier liegt große Qualität zur Naherholung und für verschiedenste Nutzungen verborgen, nicht nur zum Baden – die Skandinavier machen es vor!

 

Moosburgs Teiche sind Seen. (c) Johann Jaritz

Lebensqualität ist ein großes Schlagwort, egal ob für Stadt- oder Land. Auch in Graz können wir die Abwanderung von gut ausgebildeten Leuten nach Wien oder in die sonstige Weite Welt nicht gänzlich abfangen. Das Weggehen soll man auch zulassen. Denn noch spannender ist es, diese Abgänger dann mit dem aufgefetteten Wissen zurückzuholen. Man lockt als kleinerer Stadtraum oder Ort Leute nicht mit hohen Geldsummen zurück, sondern mit hoher Lebensqualität. Und mit der Möglichkeit, Spuren zu hinterlassen, sich selbst zu verwirklichen. Leute mit diesen Argumenten zurückzuholen kann funktionieren – davon bin ich absolut überzeugt.