In Italien lernte Peter Ivan das traditionsreiche Handwerk des Geigenbaus  und südländische Lebenskunst kennen. Heute gibt ihm Waidhofen an der Ybbs eine fixe Bleibe und die nötige Stabilität, um seine Leidenschaft zum Beruf zu machen.

Ich habe als Geigenbauer und Restaurator schon einige berühmte Geigen gewartet und in Stand gehalten, darunter Amatis, Stradivaris und Guarneris. Das ist eine sehr große Verantwortung. Solche Geigen sind Kulturgüter, die mittlerweile bis zu 20 Millionen Euro wert sind. Da darf nichts schiefgehen.

Ich bin mit Musik groß geworden, Musik war mir immer wichtig. Auch der Werkstoff Holz hat mich fasziniert. Die logische Kombination ergab demnach Instrumentenbau. Seit 1991 betreibe ich in Waidhofen an der Ybbs mein Atelier für Geigenbau. Meine Mutter ist in Waidhofen aufgewachsen. Meine Eltern wollten zeitlebens dorthin zurückkehren und wählten deshalb die Stadt als ihr Altersdomizil.

Und so wurde Waidhofen auch mein Lebensmittelpunkt, nachdem ich nach meiner Ausbildung in Italien und der Zeit auf der Walz in Australien, Irland und England nach Österreich zurückkam. Hier bot sich mir ein Ankerpunkt. In Waidhofen ergab sich für mich die Möglichkeit, mich mit meinen paar Sachen niederzulassen und einen Start zu wagen.

Die ersten Jahre als selbstständiger Ein-Mann-Betrieb wurden von Durststrecken heimgesucht. Dann und wann habe ich doch unverhofft ein Instrument verkauft. Das war schön und dann wusste ich, es geht ja doch weiter. Im Laufe der Jahre habe ich mir immer mehr Wissen über Restauration angeeignet und mir einen sicheren Kundenstock in der Umgebung, in Wien, Salzburg und in Oberösterreich geschaffen. Ich habe es jetzt fast 30 Jahre durchgehalten und liebe meinen Beruf noch immer.

(c) Herfert & Herfert

Nach wie vor hole ich mir viel Know-How aus dem Ausland. Einmal im Jahr fahre ich zu der internationalen Geigenbaumesse nach Cremona, Italien. Dort trifft sich alles, was Rang und Namen hat, stellt aus oder nimmt an Wettbewerben teil. Im Anschluss besuche ich manchmal auch Restaurationskurse. Dort sitze ich Seite an Seite mit Restaurateuren, die vielleicht schon weit über 70 Jahre alt sind und viel Erfahrung mitbringen. In Cremona bekomme ich daher Antworten auf jene Fragen, die fachlich brennen. Es ist schön, wenn man voneinander lernen kann!

In Italien zu sein gibt mir sehr viel trotz des Chaos, der Unpünklichkeit und Unverlässlichkeit. Meine ersten Erfahrungen mit Italien machte ich mit 19 Jahren. Damals versuchte ich mich an der Aufnahmeprüfung am Musikkonservatorium in Parma, Italien. Ich hatte das Glück, dass ich meinem späteren Meister Renato Scrollavezza sympathisch war. Und so durfte ich als einer von wenigen dort etwas wirklich Schönes ausprobieren: Ich wurde als einer von zehn Schülern in einem fünfjährigen Sonderlehrgang für Geigenbau aufgenommen.

Ich kam in Parma an, ohne ein Wort Italienisch zu sprechen, aber ich fühlte mich schnell wohl. Das ganze Leben auf der Straße, wie offen sich die Leute begegnen – das alles war so ganz anders als bei uns. Laut, freundlich, voller Lebenslust. Für Italiener ist das Leben ein Fest, auch wenn es anstrengend sein kann. Doch, es findet sich immer ein Grund zum Feiern.

Natürlich beschleicht mich manchmal Fernweh. Auch deshalb fahre ich mindestens einmal im Jahr nach Italien. Das ist das, worauf ich unter anderem hinarbeite. Wenn ein neues Jahr beginnt, weiß ich: So jetzt muss ich wirklich fleißig sein – dann kann ich mir die Reise gönnen.

Trotzdem bot mir Österreich viel mehr Stabilität als Italien, um mein Atelier aufzubauen. Waidhofen hat große Qualität: Wir haben saubere Luft und klares Wasser. Bildung und Kultur sind keine Mangelware. Es ist ein schöner Ort. Wer das Glück hat, sich in Waidhofen etwas leisten zu können, der bleibt auch. Aber um Arbeit zu finden, müssen viele erst ausschwirren und dann wieder zurückkommen. Es gibt in meinem Bekanntenkreis Leute, die jeden Tag mit dem Zug nach Wien in die Arbeit pendeln. Der Aufwand ist enorm. Sie stehen um Fünf Uhr in der Früh auf, und kommen um Sieben am Abend heim.

(c) Peter Ivan

Ich habe das Glück, fast im Zentrum der Stadt zu arbeiten. Das bringt mir auch dann und wann Besuch ein. In Waidhofen gibt es viele Schultypen und da interessieren sich schon die einen oder anderen für einen Ausflug zum Geigenbauer. Ein Besuch in der Werkstatt vermittelt ein ganz eigenes Flair. Wenn die Kinder dann die kleinen Hobel sehen, gefällt das. Und wenn sie etwas ausprobieren, etwa ein Stück Holz mit Biegeblech über ein heißes Eisen zu biegen, kommt das immer gut an.

Die Ausbildung in Österreich ist gut. Die Basis ist grundsolide. Wenn man sich dann aus dem Ausland auch noch dieses oder jenes holt oder sich aneignen kann, kann das nur von Vorteil sein. Es geht nicht nur um Arbeitstechniken, sondern auch um eine Vision, die man bekommt. Beim lebenslangen Lernprozess spielt sich ja vieles im Kopf ab. Und wenn der nicht frei ist für etwas Neues, machst du immer deine alten Sachen. Obwohl es auch viele alten Sachen gibt, die man nicht verändern sollte – weil sie unschlagbar gut sind!